Kindergarten (Zum Beestental 8)
Die Bedingungen in dem Gebäude der zweiklassigen Volksschule in der Klausentalstraße und insbesondere der Kostenfaktor für eine dringend notwendige Sanierung und Modernisierung, führten im Rat der Gemeinde Wallenthal erst nach längerer Diskussion zum dann einstimmigen Beschluss, auf die Sanierung dieses Gebäudes zu verzichten und stattdessen einen Schulneubau errichten zu lassen. Die auf Grund der hohen Schülerzahl beengten Verhältnisse in der alten Schule, die im Jahre 1870 den Ankauf und den Umbau des Hufschmidt’schen Hauses erforderten, waren nicht mehr ausschlaggebend. Diese hatten sich bereit mit der Einrichtung einer Volksschule in Dottel im Jahre 1921 (heutiges Bürgerhaus mit Lehrerwohnung im ehemaligen Pastorat) erheblich entspannt. Zudem gingen die Schülerzahlen im Zusammenhang mit der Entwicklung stetig zurück. Der tiefe demographische Einschnitt des Ersten Weltkrieges konnte nie richtig überwunden werden und die nächste Zäsur – der Zweite Weltkrieg – vertiefte diese Wunde. Doch gab es auch in der hiesigen Politik ernsthafte Vorbehalte, erneut eine so bezeichnete Zwergschule errichten zu wollen, die in den Lehrerkreisen in Nordrhein-Westfalen auch spöttisch »Heinrich-Lübke-Schule« genannt wurden. Diese Schulform wurde bereits seit längerer Zeit als Auslaufmodell betrachtet, die ihren Spottnamen deswegen trug, weil der in katholischer Soziallehre verhaftete Agrarpolitiker und spätere Bundespräsident Lübke, der sich als Bauernfunktionär bereits in den zwanziger Jahren mit seinen sozialen Sympathien für das Kleinbauerntum engagierte und auch als Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Nordrhein-Westfalen die soziale Eigenständigkeit kleinster Ortslagen forderte und förderte. Doch trotz Sondierungen im Umland zeichneten sich keine Möglichkeit ab, die Schüler der Gemeinde anderenorts angemessen unterrichten zu können.
Die Einweihungsfeier des neu errichteten, nunmehr nicht mehr zwei-, sondern dreiklassig und für 100 Schüler ausgeplanten Schulgebäudes erfolgte im Frühsommer des Jahres 1965. Neben den Hauptpersonen, 80 Mädchen und Jungen, hatte Bürgermeister Schumacher dazu vom Regierungsbezirk Aachen Regierungsdirektorin Dr. Olbricht, vom Landkreis Schleiden den Landrat Linden, den Kreisdirektor Pelster und den Schulrat Cappel sowie aus Kall den Amtsdirektor Sistig eingeladen. Ferner nahmen der Rat der Gemeinde sowie alle Lehrer und viele Eltern am Festakt teil. Als besondere Ehrengäste waren die ehemalige Lehrerin Schwartzenberg, die in Scheven ihren Schuldienst in den Jahren des Ersten Weltkrieges antrat und dann hier über 40 Jahre unterrichtete, sowie der ehemalige Lehrer Vossen, der über 20 Jahre im Ort schulte, der Einladung gefolgt.
Die Feierlichkeiten begannen mit der Einsegnung des Gebäudes durch Pfarrer Roblek. Die Schulkreuze waren bereits zuvor in einer Andacht in der Kirche gesegnet worden. Danach trug der Gesangsverein Kalenberg unter Leitung des Bundesbahn-Inspektor Brüllingen einige Lieder vor. Nach der Begrüßung durch den Bürgermeister Schumacher, den Reden des Amtsdirektors Sistig, der Frau Regierungsdirektorin Dr. Olbricht, des Schulrates Cappel und des Landrats Linden beteiligten sich die Schulkinder an der Einweihung mit Liedern, Gedichtvorträgen und einem Spiel.
Geschickt flocht Landrat Linden in seine Rede die Bitte an die Adresse der Vertreterin des Regierungsbezirks ein, alsbald auch die mitgeplante und zum Schulkomplex gehörende Gymnastikhalle zu genehmigen und sich gemeinsam mit ihm für die Untertunnelung der Bundesstraße 266 einzusetzen, damit die Schüler aus Wallenthal auch einen sicheren Schulweg hätten.
Die Gymnastikhalle sollte vier Jahre später durch die Schüler genutzt werden. Dazu kam es in Folge der radikalen Änderung der schulischen Verhältnisse in Form der Kommunalreform nicht mehr. Auch die Untertunnelung ließ warten. Die Kinder aus Wallenthal mussten noch Jahre zweimal täglich über die dicht und schnell befahrene Landstraße eilen. Die Bürgermeisterei Wallenthal und der Landkreis Schleiden waren längst aufgelöst und der Schulbetrieb seit langem eingestellt, als die Straße ertüchtigt wurde. Ein Schulweg war nicht mehr ausschlaggebend, sondern vielmehr der Kraftwagenverkehr zum Gewerbegebiet nach Kall. Es müssen nur die richtigen Prioritäten gesetzt werden.
Diese setzten jedoch die Wallenthaler Ratsmitglieder lange vorher. Da diese unbeliebten und wenig gegliederte Zwergschulen ein hohes Maß an pädagogischem Können und engagiertes Lehrpersonal erforderten, beschloss der Rat mit dem Neubau der Schule auch drei Lehrerwohnungen mit bauen zu lassen. Da die Wege kurz sein sollten, wurden sie in unmittelbarer Nähe errichtet. Es sind die drei Häuser, die sich im heutigen Fliederweg unmittelbar an das ehemalige Schulgelände anschließen.
Der Schulneubau führte auch zu einer neuen Straße im Ort: Schulstraße. Heute ist dieser Name getilgt und ersetzt durch Zum Beestental. Dass im Geländeeinschnitt (Tal) der alte Triebweg für das Hornvieh (Beest) auf die Weiden verlief und diese Benennung eigentlich mit Dehnungs-H geschrieben wurde, wussten die namensbeschließenden Politiker natürlich nicht.
Der Schulbetrieb im Ort endete im Jahr 1969, wobei die Grundschüler bereits ab 1968 hier nicht mehr eingeschult wurden. Fortan mussten die örtlichen Schüler mit Bussen in umliegende Schulen gebracht werden.
Greundschule bereits unmittelbar
Diese Schulform Vielfältige Formen der inneren Differenzierung des Unterrichts waren unabdingbar. Gleichzeitig bot diese Schulform die Möglichkeit, Themenstellungen auch klassen- und fächerübergreifend nach einem Wochenplan zu erarbeiten und damit ein soziales Umfeld zu schaffen, bei dem ältere und jüngere Schüler in ein gedeihliches und soziales Handlungsfeld eingebunden waren. Frontalunterricht war die Ausnahme. Vielmehr standen Stillarbeit, Eigenständigkeit und Eigentätigkeit, vielfältige Übungen und Wiederholungen, Handlungsorientierung und gemeinsames Lernen im Mittelpunkt der Schularbeit, orientiert an der Lebenswelt und den Interessen der Schüler. Die Fächer spielten keine dominante Rolle, weil Lerninhalte in Form eines Gesamtunterrichts angeboten, ganzheitlich vermittelt und, wo möglich, selbsttätig erarbeitet wurden. Vielfältige Arbeitsmittel, in der damaligen Zeit zumeist vom Lehrpersonal mit einfachen Materialien selbst hergestellt, ermöglichten individuelles Lernen nach eigenem Lerntempo. So war es durchaus denkbar, dass beispielsweise ein Schüler der Klasse 6 mit schlechten Leistungen in Mathematik bei den Schülern der Klasse 4 mitarbeitete und ebenso umgekehrt. Lernschwache Kinder waren nicht ausgegrenzt, sondern in die »Schulgemeinschaft« eingebunden, was letztlich nicht nur diesem Kreise, sondern auch zur Förderung sozialer Kompetenz dienlich war.
Andererseits sollte diese Schulform im historischen Rückblick auch nicht idealisiert werden, da insbesondere vor dem Zweiten Weltkrieg durch die allgemeine Tendenz der damaligen Pädagogik etwa Prügelstrafe oder übertriebene Disziplin zum Alltag in den meist sehr großen Klassen gehörten. In der unmittelbaren Nachkriegszeit war diese Schulform zudem vielfach durch die Zerstörung von Schulgebäuden und den Mangel an Lehrkräften erzwungen und keineswegs ein angestrebtes Ideal. Aufgrund dieser Nachteile wurde die weitgehende Abschaffung der Einklassenschulen in den 1950er Jahren als Fortschritt gesehen.
Der Neubau von Peter Joseph Hufschmidt verschob die nördliche Bebauungsgrenze von Scheven. Diese lag gemäß Nachtwachreglement im Jahre 1836 an der Flur ≫Zur Nierscheven≪ vor dem Haus des Christian Lambertz (heute zwischen den Häusern Klausentalstraße 10 und 16). Zur Erinnerung: Im Jahr 1840 hatte Scheven lediglich 314 Einwohner, die in 61 Wohnhäusern unterkamen. Außerhalb der Bebauungsgrenze lag damals lediglich die alte Bleischmelze. Diese befand sich zwischen den heutigen Häusern Klausentalstraße 30 und 34 am gegenüberliegenden Ufer des damaligen Apfelbaches (heute Bleibach). Die Schmelze wurde im Jahre 1794 von Heinrich Dahmen erbaut, lag zwischen 1813 und 1819 still, ging 1827 in das Eigentum von Franz Ludwig Blens über und wurde 1835 stillgelegt. Offenbar war die Stilllegung der Bleischmelze Anlass für den Neubau. Die durch sie freigesetzten, stark schwefelhaltigen Gase schädigten Natur und Mensch erheblich. In der Hauptwindrichtung wies der Boden keinerlei Bewuchs mehr auf.
Der zum Bau des Gebäudes verwendete Sandstein stammte aus dem Schevener Steinbruch. Dieser war ein sehr bedeutender Sandsteinsteinbruch im südlichen Rheinland, der deswegen auch in die geologische Fachliteratur des 19. Jahrhunderts Eingang fand. Er lag im Bereich der heutigen Straßen Hinter der Hag (Häuser 4 bis 10) sowie Ringstraße (Häuser 30 bis 34) und gehörte der Familie Markwalter. Nach dem Kirchbau war der Steinbruch allerdings weitgehend erschöpft; sein Verschütten dauerte indes bis nach dem Kriege an. Das letzte unverarbeitete Fragment dieses Steinbruches in Form eines riesigen Steines liegt neben der Klause.
Die Schenkwirtschaft von Peter Joseph Hufschmidt war die erste im Ort. Danach folgten die Wirtschaften von Montschau (zunächst in der heutigen Schmiedegasse 10 und danach in der heutigen Wallenthaler Straße 4) und Breuer (heute Schmiedegasse 2). Mit den Schmieden war es anders. Hier herrschte ein hoher Konkurrenzdruck, da es im Ort drei Schmieden gab. Somit ist der Wegzug von Johann Peter Hufschmidt (dem Sohn von Peter Joseph Hufschmidt) nach Gemünd im Jahre 1849 eigentlich folgerichtig. Hier wurde ein Schmiedebetrieb geschlossen, in Gemünd ein neuer eröffnet.
Als im Jahr 1870 mit 150 schulpflichtigen Kinder die gesetzliche Vorgabe überschritten wurde, die für eine Einklassige Volksschule zulässig war, musste die Bürgermeisterei Wallenthal handeln. Sie beantragte bei der Königliche Bezirksregierung Aachen den Ankauf des Hufschmidt‘schen Hauses und dessen Herrichtung als Schulgebäude. Die Genehmigung hierfür wurde am 25. April 1870 erteilt. Das Haus musste danach zügig für ein zweiklassiges Schulgebäude hergerichtet werden. Etwas mehr als einen Monat dauerten die Umbauarbeiten. Unter anderem musste der Gaststätteneingang an der Giebelseite verschlossen und die Haustür aus der Mittelachse des Gebäudes nach rechts verlegt werden. Letzteres erforderte dem Umbau des inneren Treppenhauses. Beheizt wurden die Klassenräume mittels eines Kanonenofens, der mittig im ebenerdigen Klassenraum aufgestellt war. Der Schornstein zog sich mittig durch das Obergeschoss und wärmte dadurch diesen Klassenraum. Im Jahre 1910 wurde das Gebäude an das Stromnetz und im Jahre 1912 an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen; einen Kanalanschluss hatte das Gebäude bis zur Einstellung des Schulbetriebs jedoch nicht.
Am 12. Juni 1870 war es dann soweit. Nach einer Abschiedsfeier im alten Schulgebäude zogen die Schüler unter Führung ihres Lehrers, Herrn Christian Stüttgen, im feierlichen Marsch und begleitet durch zahlreiche Einwohner zu ihrer neuen Schule und nahmen dort an der Einweihungsfeier durch Pfarrer Viktor Anselm Bausch teil. Der Pfarrer war damals zugleich Ortsschuldirektor. Christian Stüttgen übernahm folgend die 2. Klasse und lehrte hier bis zu seiner Berufung als Lehrer zu Bergrath (Eschweiler) zum 1. Juli 1874. Die 1. Klasse wurde dem Lehramtsaspiranten und späteren Lehrer Paul Velser aus Bergheim übertragen, der hier bis zum 1. Oktober 1875 schulte.
Das bisherige (alte) Schulgebäude wurde am 5. August 1870 durch die Bezirksregierung Aachen als Eigentum von Scheven anerkannt. Zunächst wurde es an Peter Josef Hufschmidt vermietet, der darin eine Gastwirtschaft eröffnete.
Das jetzige neue Schulgebäude hielt auch für andere Zwecke her. Bis zum ersten Weltkrieg wurde es regelmäßig als Nachtquartier für die durchmarschierenden Truppenteile genutzt, die an den Herbstmanövern des IIX. Armeekorps (Koblenz) teilnahmen. Eine Infanteriekompanie mit 128 Soldaten konnte dort übernachten. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Schule geschlossen; es gab sozusagen Ferien außer Plan. Der Unterricht begann erst wieder am 1. September 1914. Täglich fanden Einquartierungen für Nachtlager der zur Front ziehenden Soldaten statt. Auch zum Ende des Krieges wurde der Schulbetrieb eingestellt. Vom 16. bis 28. November 1918 marschierten die 25 Divisionen der 17. und 18. Armee durch den Landkreis Schleiden in Richtung Rhein. In sämtlichen Ortschaften erfolgten Einquartierungen. An manchen Tagen waren im Ort fast 1.000 Soldaten unterzubringen. Neben dem Schulgebäude hielten sämtliche Gaststätten als Quartier her und auch die Einwohner wurden gut bedacht. In manchem Haus fanden bis zu zwanzig Mann eine vorübergehende Bleibe. Mit ihnen quartierte sich ein noch größeres Heer von Ungeziefer ein, das hier länger aushielt, als die Soldaten.
Im Mai 1940 mit Beginn des Frankreichfeldzuges eröffnete im Schulgebäude ein Teillazarett des Reservelazaretts Münstereifel mit 20 Betten für leichtverwundete, aber stationär zu versorgende Soldaten. Dieses wurde Anfang Juli 1940 mit der Verlegung der letzten Verwundeten wieder geschlossen. Ab August 1944 bis März 1945 diente das Gebäude neben den Gaststätten Breuer und Eisenhut als Truppenunterkunft für zwei Kompanien, die dem Wehrmacht-Sonderstamm III (Fronthelfer) angehörten. Nördlich von Scheven im Bereich des heutigen Wasserrückhaltebeckens war daher ein Schießstand eingerichtet.
Der Schulbetrieb im Gebäude endet im Jahr 1965 mit der feierlichen Eröffnung der dritten Schevener Schule, dem heutigen Kindergarten.